Absoluter Irrsinn

Freitag, 13. April 2007

Apokalyptische Fragmente II.

Die globale Apokalypse

„Die neuen Propheten der Angst brauchen keine Phantasie.“ 1

Die Apokalypse war immer schon allgegenwärtig. In der Antike fürchtete man die Rache der Götter oder dass einem der Himmel auf den Kopf falle. Im Mittelalter wurden diese Sorgen durch die Angst vor dem lodernden Höllenfeuer und dem Antichristen persönlich angelöst. Heute sind diese Vorstellungen etwas veraltet. Unsere Apokalypsen heute heißen Globalisierung, Gentechnik und globale Erwärmung.

Vom Klimawandelschwerpunkt des ORF bis zu „Supersize Me“ im Hauptabendprogramm. Die westliche Gesellschaft lebt zunehmend in einer Sphäre der Angst und des drohenden Unterganges. Dieser Film kommt nicht aus Hollywood und hat scheinbar auch kein Happyend. Verfolgt man die täglichen Berichte so scheint es beschlossene Sache. Die Erde muss untergehen. Und glaubt man deutschen Boulevardmedien könnte es schon in knapp zwanzig Jahren soweit sein.

Im Binnenstaat Österreich sollten wir zumindest vor der Flutwelle durch Abschmelzen der Polkappen sicher sein – aber das garantiert uns wahrscheinlich dennoch höchstens noch weitere Jahrzehnte.

„In der langen Geschichte der Menschheit hat uns der Alarm-Mechanismus das Überleben gesichert. Deshalb sind wir besonders aufmerksam, wenn jemand ruft: ‚Der Säbelzahntiger kommt!’ Dann machen wir normalerweise unsere Speere bereit, um unseren Höhlenclan zu schützen. Was aber, wenn der Säbelzahntiger rund um die Uhr vor der Höhle tanzt? Und wenn er dabei ständig seine Gestalt ändert?“ 2

Von Vogelgrippe bis Feinstaub. Und dieser globalen Panik können nicht einmal die modernsten Kampfflugzeuge abhelfen.

Ist der erste Schub der reinen Panik abgeklungen, steht mensch der drohenden Katastrophe dennoch recht hilflos gegenüber. Einzelnes Individualistentum erlaubt vielleicht das sofortige Einstellen jegliches CO2-Ausstosses, der Großteil der Menschheit wird sich allerdings nicht bereitwillig zurück in die Steinzeit katapultieren lassen. Vom Entzug des täglichen Fast-Foodkonsums ganz zu schweigen.

Was bleibt dem Individuum also über, als sein Schicksal in die Hände der Forscher, Wirtschaftmagnate und Macher zu legen und in Anbetracht der Profit- und Konsumorientierung der letzten Jahrzehnte dem Untergang fröhlich entgegen zu sehen. Oder auch: Pro Globale Erwärmung! Ich bin für Palmen in Wien!


1 Leonhard Reinisch, Das Spiel mit der Apokalypse, S. 37.
2 Matthias Horx : Panikgesellschaft und Spießertum, Kommentar in: Der Standard, Mittwoch 14.3.07, S.37.

Montag, 9. April 2007

Apocalypse is ubiquitous I.

Die alltägliche Apokalypse

“Kids! Bringing about Armageddon can be dangerous. Do not attempt it in your own home.”

Die alltägliche Apokalypse nähert sich unerwartet. Sie erwischt dich mit kaltem Grausen direkt von hinten, packt dich und lässt nicht mehr los. Dabei geht es nicht um theoretische Spekulation, sondern um tatsächliche existenzielle Furcht – um reales Geschehen.

Tatort: Berggasse 11.

Im leisen Knarren des Parketts lässt sich die erste Posaune erahnen. Verzweifeltes Hoffen auf wenigstens ein, zwei im Bett verbleibende Kolleginnen und natürlich kein schweres Frühstück im Bauch. Wasserflaschen verboten! Der Seminarraum Eins als Schauplatz des schlimmsten Alptraums aller Komparatisten. Aus sichersten Quellen wurde bekannt, dass wir direkt über dem Abgrund schweben.

Denn: Seminarraum Eins ist einsturzgefährdet und sollte in keinem Fall von über fünfundzwanzig Leuten gleichzeitig betreten werden.

Da freut es, gleich dreimal die Woche mit etwa vierzig Menschen Raum und Todesnähe zu teilen und an gewissen Prüfungstagen auch mit siebzig weiteren Sardine zu spielen. Nettes Detail am Rande bzw. an den umliegenden Wänden bieten die mit beinahe ausnahmslos Fünfhundertseitenwälzern bestückten Bücherregale, welche – wie mir freundlicherweise ebenfalls mitgeteilt wurde – nicht in den Wänden verankert sind. Das bedeutet, sollte man dem Mauerwerk entkommen sein, hat komparatistIn immer noch die Chance, fachgerecht tödlich von einem Lexikon getroffen zu werden.

Beruhigenderweise wurde der Kindergarten unterhalb bereits geräumt, für die Studenten reicht es allerdings noch. Seitdem versuche ich zumindest zeitweilig früh da zu sein um mir einen Platz an Fenstern oder Türen zu sichern – gebanntes Lauschen, nicht unbedingt auf den Vortragenden fixiert, inkludiert.

Was für eine Schlagzeile…

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1 Pratchett, Terry, Gaiman, Neil: Good Omens, The nice and accurate prophecies of Agnes Nutter, witch, Corfi Books, London, 1991, S.7.

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